Mit Reflexionskarten beginnen | Einstiegsmethoden Teil 3
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In meinen anderen Blog-Posts (Teil 1 und Teil 2) hatte ich ja beschrieben, dass ich die Funktion von Einstiegsmethoden vor allem darin sehe, einen Übergang zwischen Alltag und Lernsetting herzustellen. Sie geben die notwendige Orientierung und Sicherheit. Dazu zählt ein erster Austausch untereinander, um mit den anderen ein wenig vertrauter zu werden. Einstiegsmethoden sind eine grundlegende Voraussetzung für den intendierten Lernprozess.
Eine grundlegende Voraussetzung für den intendierten Lernprozess.
Reflexionskarten oder auch Landkarten für Befindlichkeit und Positionierung sind dafür ein hervorragendes Instrument. Die Karten sind mein Lieblingsinput, weil sie so simpel sind und viel Leichtigkeit und Interaktion auslösen können. Gemeint sind Karten mit Landschaften, die metaphorisch Begriffe und Themen aufgreifen und abbilden. Sie können einen eher kartographischen Stil haben wie z.B. meine INNERE LANDKARTE oder bildlich wie ein Gemälde daher kommen. Mitunter nehmen geben sie auch besondere Orte, Gebäude oder Themen wieder und versuchen, über die einschlägigen Begriffe eine Brücke zu Gefühlen und Themen aus der Alltags- und Arbeitswelt anzubieten.
Reframing und Umdeutungen
Über die Bildsprache der Orte bieten Karten auch bereits kleine Interpretationen an. Ich würde sogar behaupten, dass solche Karten per se schon ein Reframing darstellen, da die Themen und Begriffe eben in einer Landschaft bzw. auf einer Karte verortet sind und in diesem neuen Kontext ganz andere Bedeutungen zulassen. Ein schönes Beispiel ist die „Schöne Aussicht“ auf den „Bergen von Arbeit“.
Wenn ich mit meinen Reflexionskarten arbeite und mit ihnen in ein Seminar, Coaching oder eine Supervision einsteige, lege ich sie meist schon ganz zu Beginn in die Mitte des Raumes.
Ohne aufgesetzten Small-Talk
Nahezu ausnahmslos sorgt das bei den ankommenden Teilnehmer*innen für interessierte und positiv überraschte Äußerungen. Augen wandern dann auf der Karte umher und mitunter hört man ein Kichern oder einen kurzen Austausch untereinander. Für mich ist das eine schöne Möglichkeit, mit so einfachen Mittel eine angenehme und kommunikative Atmosphäre zu schaffen, bei der alle gut teilnehmen und teilhaben können, ohne dass es einer Aufforderung bedarf. Und auch ich selbst bekomme die großartige Gelegenheit, wie nebenbei die Menschen im Raum kennenzulernen und mit Ihnen in Kontakt zu kommen – ohne aufgesetzten und gezwungenen Small-Talk. In dieser Phase bekomme ich ein erstes Gespür für die Gruppe und bereits kleines Einblicke in das Denken und Interagieren. Und das alles bevor das eigentliche Treffen angefangen hat!
Über die metaphorischen Vorteile bildhafter Einstiegsmethoden hatte ich ja bereits in meinem letzten Post geschrieben und zur metaphorischen Anwendung von Reflexionskarten ein Video veröffentlicht, so dass ich hier nicht näher auf die immer wieder überraschende Kraft der Metaphorik eingehen muss.
Distanz und Intensität
Bei den Landkarten kommt hinzu, dass sie einen so schönen Überblick geben. Mit Landkarten zu arbeiten, schafft diese wunderbare Ambivalenz aus nötiger Distanz und intensiven Auseinandersetzung mit sich selbst: Ähnlich wie bei der Postkarten Methode bleibe ich immer auch in der distanzierten Betrachter-Rolle und steige dennoch zugleich intensiv in die Auseinandersetzung mit mir selbst ein. Mithilfe der Karten begegne ich einer Vielzahl möglicher Stimmungen, die sich zudem sehr anschaulich zeigen (ähnlich wie beim Inneren Team). Vielleicht entdecke ich dabei bereits, dass in mir nicht nur eine einzige Stimmung vorherrscht, sondern kleine, zarte Empfindungen möglicherweise aktuell nur von einer anderen, derzeit stärkeren, überdeckt werden. Als Einstiegs-Impulsfrage reicht ein schlichtes „Wo stehst Du gerade?“ Oder später – wenn es um Ziele für das Treffen geht: „Wohin möchtest Du heute gelangen (und was wirst Du getan haben, um dorthin gelangt zu sein)?“ Weitere Fragen und Anwendungsmöglichkeiten habe ich in einer kleinen PDF veröffentlicht, die man sich kostenlos downloaden kann.
Straßenkarte als preisgünstige Alternative
Die Begriffe auf den Karten sind sehr anregend und mitunter auch humorvoll und überraschend. Dadurch entsteht eine Leichtigkeit, die den späteren Prozess stark positiv begünstigen kann. Ich denke, dass es für so einen Einstieg nicht zwingend eine gekaufte Reflexionskarte braucht. Warum nicht einmal eine Europa-, Deutschland- oder Weltkarte auseinander falten und in die Mitte legen. Denn Inseln werden vermutlich immer Sehnsuchtsorte sein. Flüsse kennzeichnen Entwicklung und Veränderung. Berge assoziieren sicher viele mit Anstrengung aber auch Aussicht oder Erfolg.
Mein Lieblingstool!
Insgesamt sind Reflexionskarten zu meinen Lieblingstools geworden. Sie können so viel Schönes und Interessantes auslösen, das man dann nur noch aufzugreifen braucht. Sie bringen Gruppen in Kontakt und heben Themen. Sie regen das Gespräch an und halten es doch bleibend greifbar und besser nachvollziehbar.
Übrigens: Meine Reflexionskarten lasse ich meist die gesamte Sitzung über in den Mitte liegen. Es ist interessant, wie häufig im nachfolgenden Gespräch immer wieder auf sie zurück gegriffen und verwiesen wird. Und alle wissen dann sofort, worum es geht!
Teil 1: Einstiegsmethoden – warum und wieso?