
Veränderungen: 3-Phasen-Modell nach Kurt Lewin
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Wie vollzieht sich Veränderung? Diese Frage leitete Kurt Lewin. Ergebnis seiner Untersuchung war das sogenannte 3-Phasen-Modell, das heute nahezu als grobe Blaupause für fast aller Change-Prozesse gelten kann.
Unfreezing – moving – freezing
Das Drei-Phasen-Modell von Kurt Lewin ist ein grundlegendes Konzept in der Sozialpsychologie und wurde später auf den Bereich der Organisationsentwicklung übertragen. Lewin entwickelte dieses Modell in den 1940er Jahren, ursprünglich um Veränderungen in Gruppen und dann auch in ganzen Gesellschaften besser zu verstehen. Das Modell besteht aus drei Hauptphasen: Auftauen (unfreezing), Hinüberleiten (moving) und Einfrieren/Verfestigen: (re-)freezing).

Wechselwirksames Kräftefeld
Nach Lewin besteht zwischen Personen und ihren Umwelten immer eine wechselseitige Abhängigkeit, das durch eine Spannung zwischen zwei gegensätzlichen Kräften gekennzeichnet ist. Die eine versucht, den Status Quo beizubehalten („restraining force“), wohingegen die andere Kraft Veränderungen vorantreiben möchte („driving force“). Im Normalfall tarieren sich beide Kräfte in einem dynamischen Gleichgewicht aus. Die Ähnlichkeit besonders in Bezug auf die Wechselwirksamkeit zur dann späteren (soziologischen) Systemtheorie ist augenfällig: Nicht das Umfeld als vermeintliche Realität verändert eine Person oder ein System, sondern umgekehrt: Die Wirkungen der Umwelt werden durch das System definiert.
Lewin bezeichnet „Umwelt“ in seiner Feldtheorie als „Umfeld“. Dieses „Umfeld“ meint keine physikalische Topologie, sondern das subjektive Erleben eines „Kräfte-Feldes“, das in psychologischen Feldtheorie auch als Wahrnehmungsfeld, Handlungsfeld oder auch Erlebnisfeld genannt wird. Es ist ein Feld komplexer Wechselwirkungen.
Driving & restraining forces
Folglich lassen sich Veränderungen auch nicht kausal-linear von außen erzeugen. Vielmehr gilt es, die intrinsisch motivierten „driving forces“ zu heben und dadurch zu verstärken und an den Gründen zu arbeiten, die die „restraining forces“ zu verringen vermögen. Konkret können also Menschen oder Organisationen vor allem dabei unterstützt werden, die eher beharrenden und treibenden Kräfte zu identifizieren. Sie erkennen dann – je nach subjektiver Deutung – möglicherweise eine Dringlichkeit oder gar Notwendigkeit für Veränderung und sind eher dazu bereit Widerstände gegenüber dem Wandel auszuräumen.
Während der Phase des „movings“ ist es dann das Ziel, alternative Verhaltensweisen zu suchen und herauszubilden, um diese dann im Zuge des „Einfrierens“ stabilisierend einzuüben und zu etablieren.
Mit der Wandel-Karte Orientierung, Kraft und Perspektiven in Veränderungsprozessen geben.
Weiterentwicklung des 3-Phasen-Modells
Eine Weiterführung des 3-Phasen-Modells hat J. P. Kotter erarbeitet. Anders als Lewin will Kotter mit seinem Acht-Stufen-Modell gezielt Veränderungsprozesse in Unternehmen unterstützen. In seinem Buch „Leading Change“ differenziert er Lewins Grundgedanken und entwickelt ihn konkret auf Veränderungsprozesse in Unternehmen weiter. Mit seiner Erweiterung auf acht feingliedrigere Stufen greift er damit einen der Haupteinwände gegenüber Lewins Modell auf. Stellt man beide Konzepte nebeneinander, lassen sich die Stufen 1-3 (Gefühl der Dringlichkeit erzeugen, Führungskoalition aufbauen, Vision und Strategie entwickeln) der ersten Phase bei Lewin zuordnen. Die Stufen 4-5 (Vision des Wandels kommunizieren, Mitarbeiterinnen auf breiter Basis befähigen, schnelle Erfolge erzielen) entsprechen in etwa der Phase „moving“. Unter die dritte Phase bei Lewin („freezing“) können die Stufen 7 und 8 (Erfolge konsolidieren und weitere Veränderungen einleiten, neue Ansätze in der Kultur verankern) subsumiert werden.