Resilienz und Salutogenese
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Was bedeutet Resilienz?
Resilienz kann als die Fähigkeit von Menschen beschrieben werden, auch bei großen Herausforderungen und Krisen, hilfreiche Anpassungsprozesse vornehmen zu können. Eine bewusste Förderung dieser Resilienzfähigkeit hilft dabei, persönliche (körperliche oder mentale) und soziale Probleme meistern zu können.
Nach dem israelisch-amerikanischen Soziologen Aaron Antonowsky ist dafür das sogenannte „Kohärenzgefühl“ maßgeblich entscheidend. Es zeichnet sich dadurch aus, dass Herausforderungen trotz aller Widrigkeiten dennoch als (in gewissem Grad) nachvollziehbar, handhabbar und/oder bedeutsam eingeordnet werden können. Dieses „Kohärenzgefühl“ ermöglicht Zuversicht in Krisen und lässt Menschen flexibel mit Stressoren umgehen.
Hier findest Du eine kostenlose Anleitung (PDF) zur Resilienzmethode zum Ausdrucken.
Welche Faktoren begünstigen Resilienz?
Aaron Antonovsky beschäftigte die Frage, warum Menschen höchst unterschiedlich in der Lage sind, mit herausfordernden und objektiv krankmachenden Stressoren umzugehen verstehen. Im Rahmen seines Salutogenese-Konzepts arbeitete er vornehmlich drei Faktoren heraus, die zusammen einen „Sense of Coherence“ ergeben. Dieses „Kohärenzgefühl“ (oder auch „Sinn für Kohärenz“) kann als ein ein durchdringendes, andauerndes und dennoch dynamisches Gefühl des Vertrauens in Bezug auf Verstehbarkeit, Handhabbarkeit und Bedeutsamkeit einer Situation verstanden werden.
Verstehbarkeit
Verstehbarkeit ist nach Antonovsky dann gegeben, wenn innere und äußere Ereignisse kognitiv vorhersehbar erscheinen, also wenn sie sich mit einer hohen Wahrscheinlichkeit in der Art und Weise entwickeln, wie man es erwartet. Im Gegensatz zu willkürlich empfundenen, ungeordneten und chaotischen Ereignissen ist Verstehbarkeit durch das Vermögen gekennzeichnet, diese kognitiv als klar strukturierte, geordnete und konsistente Informationen zu erfassen:
„Die Person mit einem hohen Maß an Verstehbarkeit geht davon aus, dass Stimuli, denen sie in Zukunft begegnet, vorhersagbar sein werden oder dass sie zumindest, sollten sie tatsächlich überraschend auftreten, eingeordnet und erklärt werden können.“ (Antonovsky, 34)
Handhabbarkeit
Handhabbarkeit dagegen bezeichnet das Vertrauen darauf, dass genügend Ressourcen vorhanden sind, um Herausforderungen anzunehmen und zu meistern. Handhabbarkeit betont also eher den emotionalen Bereich von Erwartbarkeit. Antonovsky definiert Handhabbarkeit „als das Ausmaß, in dem man wahrnimmt, dass man geeignete Ressourcen zur Verfügung hat, um den Anforderungen zu begegnen“ (35). Wer ausgeprägt über diese Ressourcen verfügt, erfährt sich weniger in eine Opferrolle gedrängt, ausgeliefert oder vom Leben ungerecht behandelt.
Bedeutsamkeit
Bedeutsamkeit bzw. Sinnhaftigkeit wiederum beschreibt den Grad der Bereitschaft, emotional in etwas zu investieren und sich zu engagieren. Menschen, die einem Ereignis Bedeutsamkeit zuschreiben, interpretieren Anforderungen als etwas, für das es sich einzusetzen lohnt. Nach Antonovsky ist es das Ausmaß, in dem man das Leben emotional als sinnvoll empfindet:
„dass wenigstens einige der vom Leben gestellten Probleme und Anforderungen es wert sind, dass man Energie in sie investiert, dass man sich für die einsetzt und sich ihnen verpflichtet, dass sie eher willkommene Herausforderungen sind als Lasten, die man gerne los wäre. Dies bedeutet nicht, dass jemand mit einem hohen Maß an Bedeutsamkeit glücklich ist […] Aber wenn solch einer Person diese unglücklichen Erfahrungen auferlegt werden, nimmt sie die Herausforderung bereitwillig an, wird ihr eine Bedeutung beimessen können und ihr Möglichstes tun, sie mit Würde zu überwinden.“ (35f.)
So investieren Menschen beispielsweise viel Zeit und Kraft für ihre Familie oder engagieren sich auf Kosten der eigenen Freizeit in sozialen Projekten. „Die motivationale Komponente der Bedeutsamkeit scheint am wichtigsten zu sein. Ohne sie ist ein hohes Ausmaß an Verstehbarkeit und Handhabbarkeit wahrscheinlich von kurzer Dauer" (Antonovsky, 38)
Wie lässt sich das Kohärenzgefühl fördern?
Der beeindruckende Ansatz der „Salutogenese“ von Aaron Antonowsky kann ganz praktisch und lösungsorientiert dazu herangezogen werden, den Blick von den eher krankmachenden Faktoren auf die gesundmachenden Aspekte zu lenken. Diese ermöglichen es Menschen, selbst in schwierigsten Situationen handlungs- und perspektivfähig zu bleiben.
Mithilfe des Salutogenese-Dreiecks können diese stärkenden Aspekte für das Erleben von Selbstwirksamkeit hilfreich dargestellt und bewusst gemacht werden.
Die kleine und kostenlose Anleitung zum Salutogenese-Dreieck als PDF leitet mit kurzen Fragen Schritt für Schritt von der Problemfragestellung über die Aspekte der Nachvollziehbarkeit, Handhabbarkeit und Bedeutsamkeit hin zu einer ressourcen- und lösungsfokussierten Perspektive und ermutigt zu einer resilienten Haltung und Umsetzung.
Aaron Antonovsky, Salutogenese. Zur Entmystifizierung der Gesundheit (dt. Herausgabe von Alexa Franke), Tübingen 1997.