Kommunikation trainieren nach Schulz von Thun

Kommunikation verstehen und trainieren

Das Kommunikationsquadrat nach Schulz von Thun

Essen ist fertig!“ Wenn ich so meine Familie an den Tisch rufe, gehe ich ohne Nachdenken davon aus, dass alle in Kürze zum Essen erscheinen. Warum eigentlich? Ich habe doch nur eine sachliche Aussage getroffen, dass ich mit der Zubereitung fertig bin. Mein Sohn könnte sich auf den Standpunkt stellen, dass er diese „interessante“ Information durchaus gehört hat – genauso wie das Ticken der Uhr oder die Benachrichtigung auf seinem Handy. Meine Frau könnte mir auf die Schulter klopfen, weil sie weiß, dass ich ein kompliziertes Rezept ausprobiert habe oder sie fühlt sich aufgezogen, weil es vor einer Stunde eine Diskussion darüber gab, ob wir ins Restaurant gehen oder nicht.

Vier-Ohren-Modell nach Friedemann Schulz von Thun

Eine Aussage mit vielen möglichen Botschaften

Ein so einfacher Satz macht deutlich, was Schulz von Thun mit seiner Kommunikationstheorie verdeutlicht: Eine Nachricht enthält mehrere Botschaften – und diese werden nicht von der sprechenden, sondern von der hörenden Person bestimmt. Um diese Beobachtung zu veranschaulichen hat Schulz von Thun das Bild der vier Ohren gebraucht, mit denen ich eine Nachricht aufnehme und deute:

Das Sach-Ohr

Sach-Ebene in der Kommunikation

Hier höre ich vor allem die Sachinformation: Etwas ist richtig oder falsch, relevant oder uninteressant, kann bejaht oder verneint werden. Fokussiere ich zu sehr auf die Sachinformation, besteht die Gefahr, dass ich Aspekte auf der Beziehungsebene zu übersehe.

Das Selbstkundgabe- oder Selbstoffenbarungs-Ohr

Selbstkundgabe-Ebene in der Kommunikation

Hier höre ich, was die sprechende Person in ihrer Aussage über sich selbst ausdrücken möchte. Ihre Worte spiegeln sozusagen ihre Gefühlswelt wieder. Der Satz, dass das Essen fertig ist, könnte Stolz und Zufriedenheit ausdrücken. Informationen, die als Selbstaussagen gedeutet werden, können Verständnis für andere signalisieren („das ist Dir gut gelungen“). 

Das Beziehungs-Ohr

Beziehungs-Ebene in der Kommunikation

Auf der Beziehungsebene wahrgenommene Aussagen werden persönlich genommen und die Person fühlt sich wertgeschätzt oder auch abgelehnt oder missachtet. Die hörende Person bezieht eine Aussage in Bezug auf sich, selbst wenn die Aussage keinen direkten Hinweis auf sie hatte.

Das Appell-Ohr

Appell-Ebene der Kommunikation

Wird primär ein Appell aus einer Nachricht herausgehört, neigt die betreffende Person zu vorschnellem Aktivismus, um der gehörten Aufforderung zu entsprechen. Aussagen enthalten offene aber mitunter auch verdeckte und unspezifische Wünsche, Forderungen und Anweisungen wie: „Kommt bitte zu Tisch!“

Kommunikation ist kompliziert

Im Gespräch wissen wir also nie genau, welcher Aspekt einer Aussage gemeint war bzw. was und wie eine Aussage angekommen ist. Dadurch kommt es zu Missverständnissen, die dadurch noch verstärkt werden, da wir ja nicht nur verbal, sondern zu jeder Zeit durch Gestik und Mimik auch implizit, ja sogar ungewollt kommunizieren.

... aber man kann dafür sensibilisieren

Dieses nie auszuschließende Missverstehen kann zumindest durch Rückfragen und Verbalisieren verringert werden. Dafür jedoch ist ein gewisses Grundverständnis und eine Sensibilität für die Komplexität von Kommunikation notwendig, das eben durch das Modell der vier Ohren und Seiten einer Nachricht sehr hilfreich illustriert werden kann.

Um Schulz von Thuns Kommunikationtheorie nicht bloß trocken vortragen zu müssen, sondern ganz praktisch selbst zu erfahren, habe ich ein simples Kartenset entworfen. Aussagen und Gehörtes werden hier spielerisch gegenübergestellt – und das zunächst verdeckt, um zunächst einzuschätzen, was wohl intendiert oder gehört wurde. Das anschließende Offenlegen des tatsächlich Gemeinten und Gehörten lässt Kommunikation als ein wesentlich Vielschichtigeres System zutage treten.

Anleitung Kommunikationstheorie Schulz von Thun als PDF
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