Sachte, sachte!
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Es klingt so abgedroschen und auch ein wenig nach Entschuldigung: „langsam machen“. Aber wer sich bewusst für die Langsamkeit entschließt, muss ja nicht gleichzeitig und grundsätzlich alles Schnelle, Impulsive und Vorantreibende negieren.
Beide Extreme für sich genommen wären für mich keine Option. Ich liebe es, an die Grenzen zu gehen, Potentiale auszureizen und neue Erfahrungen zu machen.
Doch in Kombination mit Entschleunigung hebt sich alles auf ein ganz anderes Niveau. Und auch umgekehrt wäre ein nur langsames und zögerliches Vorgehen für mich unerfüllend. Drittens – und dieser Gedanke fasziniert mich gerade am meisten – lässt sich Langsamkeit sogar sportlich angehen: Denn es gehört schon eine Menge Disziplin dazu, beispielsweise die langen, langsamen Läufe tatsächlich langsam zu absolvieren. Viertens schließlich lässt die Langsamkeit viele Dinge an die Oberfläche kommen, die sonst in der Anstrengung (oder auch im alltäglichen Betrieb) nur stören würden.
In der Penetranz der Langsamkeit bekommt alles Verdrängte seine Bühne, um sich zu zeigen. Die Gedanken, die mir Schritt für Schritt bzw. mit jeder Kurbelumdrehung kommen, werden zu meinen Trainingspartnern, die mich begleiten – manchmal nur ein kurzes Stück, manchmal über mehrer Läufe oder Ausfahrten hinweg.
Ich habe in den letzten Trainingsjahren viel erlebt und erreicht. Es wäre schade, jetzt einfach nur weiter zu machen, ohne das Erlebte nachklingen zu lassen und mitzunehmen. So, als wäre gar nichts gewesen; als wäre alles verpufft. Es juckt mich zwar, wieder Reize zu setzen und neue Ziele zu erreichen, aber mir ist das Vergangene viel zu kostbar, um es liegen oder vergessen zu lassen.
Der Begriff „Langsamkeit“ hat sicher auch durch Nadolnys Roman „Die Entdeckung der Langsamkeit“ Auftrieb bekommen. Genau betrachtet hat für mich der Begriff „Langsamkeit“ aber keinen eigentlichen Wert, sondern ist eher Mittel zum Zweck für eine größere Reflexivität, Gelassenheit, Indifferenz oder Besonnenheit. Aus dieser Perspektive ist langsames Laufen (was ja immer auch sehr relativ ist) sicherlich eine geeignete Methode, die genannten Aspekte zu fördern und zu erweitern. Gleich mal ausprobieren…